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Kneipp-Kur - Die Kraft des Wassers

Dieses Jahr feiert Sebastian Kneipp seinen 200. Geburtstag. Seine Lehre für einen gesunden Körper und Geist ist nach wie vor hochaktuell. Welches die fünf wichtigen Säulen sind und wie Kneippen im Alltag gelingt     

                                                                                   

Wer ans Kneippen denkt, hat meist Bilder vom Wassertreten im Kopf. Doch die Lehre des Pfarrers Sebastian Kneipp (1821-1897) ist viel mehr: „Es handelt sich um ein ganzheitliches Naturheilverfahren, das auf fünf Säulen beruht", erklärt Dr. Hans Gasperl, Allgemeinmediziner und Homöopath. 1886 und 1889 schrieb Kneipp seine Erkenntnisse in zwei Büchern nieder. Doch verstaubt ist deren Inhalt keinesfalls. „Die damalige Er­fahrungsmedizin ist heute wissenschaftlich untermauert und hochmodern", betont Dr. Gasperl. Der Kneipparzt aus Leidenschaft er­klärt die Grundlagen:

1. Wasser

„Ist das Wasser für den gesunden Menschen ein vorzügliches Mittel, seine Gesundheit und Kraft zu erhalten, so ist es auch das natürlichste und einfachste Heilmittel"

Worum geht's? Durch seine Erkrankung mit Schwindsucht (Tuberkulose), begann Kneipp, sich mit verschiedenen Heilmethoden ausei­nanderzusetzen. Es gelang ihm, seine Krank­heit durch Bäder in der Donau zu kurieren, und so hatte er für sich das Wasser als Heilmittel entdeckt. Durch Bäder, Wickel, Güsse und Wassertreten wird das Immunsystem angeregt. „Es handelt sich dabei um eine Regulationsthe­rapie. Man setzt durch die Kälte des Wassers an den Körper einen minimalen Stressreiz. Das wiederum erzeugt Botenstoffe des Stresshor­mons Kortisol und sendet das Signal an den Körper, dass er aktiv werden muss", erklärt Dr. Gasperl die Hintergründe. „Durch diese zarten Reize kommt es zur vermehrten Bildung von Abwehrzellen, T-Lymphozyten und B-Lympho­zyten." Eine Aktivierung zeigt sich auch an der Haut. Im ersten Moment wird sie etwas blasser und dann rosarot, weil auch die Gefäße besser durchblutet werden. Neben der Regulation ist auch Trinken Teil der Wassertherapie, „denn der Körper braucht ge­nügend Flüssigkeit, um gut zu funktionieren".

So gelingt es im Alltag: Es gibt diverse Wasser­anwendungen, die sich ohne großen Aufwand umsetzen lassen. Dr. Gasperl beschreibt: „Man kann sich beispielsweise am offenen Fenster oder Balkon Arme und Beine waschen. Dann sorgt die frische Luft für einen Kältereiz. Oder ins Waschbecken kühles Wasser einlassen und kurz die Unterarme eintauchen. Oder sich an den Badewannenrand setzen und die Unter­schenkel mit kaltem Wasser abbrausen." Ex­perte Dr. Gasperl rät, die Wasseranwendungen in Dosis und Dauer langsam über einen be­stimmten Zeitraum aufzubauen. Kneippen geht sogar im Büro. Bei Müdigkeit und Unruhe ein­fach die Ärmel hochstreifen und kaltes Wasser über den rechten Arm bis über das Ellenbogen­gelenk fließen lassen. Danach kommt der linke Arm an die Reihe. Gasperl rät, die Anwendung zwei- bis sechsmal zu wiederholen.

2. Bewegung

„Um gesund zu bleiben, muss sich der Mensch bewegen"

Worum geht's? „Unser Problem ist, dass wir im Alltag unseren Bewegungsapparat unter­fordern", ist sich Dr. Gasperl sicher. „Dabei ist Bewegung ein wunderbares Mittel, um das biologische Alter zu optimieren." Bewegung baut Muskeln auf und kurbelt das Herz-Kreislauf-System an, die Gefäße wer­den trainiert und der Stoffwechsel jeder ein­zelnen Zelle von den Zehen bis zum Kopf wird verbessert. Sport sorgt außerdem für die Aus­schüttung von Neurotransmittern und Hor­monen, die das Nervensystem pushen und Wohlgefühl vermitteln. „Und wer sich viel be­wegt, erholt sich auch wesentlich schneller", so Dr. Gasperls Erfahrung aus seiner über 40-jährigen Tätigkeit als Arzt.

So gelingt es im Alltag: „Wichtig ist, dass man sich regelmäßig bewegt, dabei ein bisschen ins Schnaufen kommt und vor allem, dass man Freude an der Bewegung hat", findet der Ex­perte, der selbst leidenschaftlich gern vier- bis elfstündige Wandertouren unternimmt. Sein Tipp: „Wer in der Stadt wohnt, kann etwa zwei Stationen früher aussteigen oder am Abend, statt fernzusehen, eine halbe Stunde spazie­ren gehen." Ideal ist es, immer wieder Bewe­gungseinheiten einzubauen, sodass man in der Woche auf rund zweieinhalb Stunden kommt. Ergänzend empfiehlt der Kneipparzt, die Bewegung durch Kraft- und Koordinations­training zu ergänzen.

3. Ernährung

„Wenn der Vater einer Krankheit oft ungewiss ist, die Mutter ist immer die Ernährung"

Worum geht's? „Kochkunst kann auch Heil­kunst sein. Je bunter, desto wertvoller, das hat Kneipp damals schon beobachtet", erklärt Dr. Gasperl. Bei Kneipp war das Problem aber viel­mehr, dass man zu wenig Nahrung hatte. Heu­te ist es eher ein Zuviel. „Es geht aber nicht darum, dass wir Diät halten. Man kann im Prinzip alles essen, solange die Dosis stimmt." Statt Kalorien zählen rät der Kneipparzt, ganz bewusst und mit Freude zu genießen.

So gelingt es im Alltag: „Ideal ist eine boden­ständige Ernährung. Man sollte möglichst un­verfälscht und regional essen", so Dr. Gasperl. Das bedeutet reichlich Gemüse und Obst, um den Körper mit wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen zu versor­gen. Auf Verarbeitetes sollte man dagegen besser verzichten, um unnötigen Zucker und falsche Fette zu sparen. Dr. Gasperl fügt hinzu: „Für mich sind zudem die Ernährung und die Pflanzenheilkunde eine Einheit, schließlich sind Gewürz- und Heilpflanzen auch Nah­rungs-mittel. Wer sich etwas mit der Pflanzen­medizin befasst, kann mit den richtigen Kräu­tern direkt die Leber aktivieren und die Verdauung in Schwung bringen." Sein Gesundheits-Tipp: anstelle eines Blumenstraußes zum Geburtstag lieber ein Töpfchen mit Küchen­kräutern vorbeibringen. Das sieht auch schön aus und ist zudem gesund und lecker.

4. Pflanzen

„Die Natur ist die beste Apotheke"

Worum geht's? Zu Kneipps Lebzeiten gab es noch so gut wie keine chemischen Medika­mente - die Hilfe kam aus der Natur. „In sei­nen Büchern beschreibt Kneipp etwa 60 Pflan­zen aus seiner Region, aus dem Allgäu, deren Inhaltsstoffe zur Heilung und Prävention von Krankheiten eingesetzt werden können", weiß Dr. Gasperl. Kneipps Empfehlungen basierten auf Erfahrungsmedizin. „Die aktuelle Pflan­zenheilkunde ist dagegen eine moderne natur­wissenschaftliche Therapieempfehlung, die symptombezogen oder auch ursächlich bei milden, in gewissen Fällen auch bei akuten oder komplementär bei chronischen Krank­heiten anwendbar ist", erklärt Dr. Gasperl. „Wichtig ist, dass sich Pflanzenheilkunde und Schulmedizin sinnvoll ergänzen sollten."

So gelingt es im Alltag: Zu den Präparaten der modernen Phytotherapie gehören Heilpflan­zentees, Bäder, Inhalationen, Tabletten oder Tropfen aus Pflanzenextrakten. Wer sicherge­hen möchte, sollte sich in der Apotheke bera­ten lassen. Dort werden geprüfte Produkte mit ausreichend hoher Dosierung angeboten. Besonders häufig wird die Pflanzenmedizin bei Infekten des Magen-Darm-Traktes (z. B. Kamille) und den Atemwegen (z. B. Spitzwege­rich) angewandt. Aber auch im Badezimmer sorgen Pflanzen für Wohlbefinden: „Ein Bad mit Lavendel beruhigt, bei Muskelschmerzen oder rheumatischen Beschwerden bringen Rosmarinbäder häufig Erleichterung", weiß Dr. Gasperl.

5. Lebensordnung

„Alles zu seiner Zeit und alles im rechten Maß"

Worum geht's? „Diese letzte Säule ist meiner Ansicht nach heutzutage die wichtigste aus der Kneipptherapie. Ziel ist es, eine innere Balance zu finden durch ein optimales Zusammenspiel der einzelnen Säulen", fasst Dr. Gasperl zusammen. „Früher waren die Priester quasi die Psychiater und so spielten für Kneipp das Seelenheil und das Gleich­gewicht zwischen Körper, Geist und Seele eine wichtige Rolle."

So gelingt es im Alltag: Unser biologischer Rhythmus zwischen Schlaf und Wachsein, Anspannung und Entspannung wird heute oftmals vernachlässigt. In Folge kann es zu gesundheitlichen Problemen wie Schlaf­störungen oder Herzrasen kommen. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass wir Lebewe­sen sind, bei denen jede Zelle durch Helligkeit und Dunkelheit gesteuert wird", so Dr. Gas­perl. Sein Rat: am Abend mit dem Sonnen­untergang zur Ruhe kommen und dem Körper die Chance geben, sich zu erholen. „Besonders gut kann man diesen Rhythmus etwa durch einen Urlaub im Kloster oder auf dem Bauern­hof wiederfinden." Der Allgemeinmediziner rät außerdem, sich bewusst Zeit zu nehmen. „Zeit für uns selbst ist ein großes Geschenk für unser Wohlbefinden und für unsere kör­perlich-psychische Gesundheit. Vor allem sind es Bewegung in der Natur, guter Schlaf und eine bewusste Änderung der Lebenseinstel­lung, die Wohlgefühl wiederbringen und somit auch Medizin sind. Denn so werden Selbst­heilungskräfte in Gang gebracht."

Sebastian Kneipp - sein bewegtes Leben

"Die Natur ist die beste Apotheke"

17. Mai 1821 Geboren als Sohn eines Webers in Stephansried, Bayern.

1842 möchte er Geistli­cher werden. Dr. Matthias Merkle, ein entfernter Verwandter, und der Orts­pfarrer unterstützen ihn und lehren ihn Latein und Pflanzenheilkunde.

1844 zieht er mit seinem Förderer Merkle nach Dillingen und besucht dort das Gymnasium.

1846 erkrankt er an einer Lungenerkrankung, vermutlich Tuberkulose. Das hindert ihn nicht, innerhalb von vier Jahren sein Abitur abzuschließen.

1849 entdeckt er durch seine Erkrankung ein Buch des Arztes Johann Sieg­mund Hahn über die Heil­kraft von kaltem Wasser. Seine Selbstversuche in der Donau begeistern ihn, sodass er die kurzen Bäder wiederholt und um Güsse ergänzt.

1852 schließt er sein Studium ab und wird kurz darauf Priester. Inzwi­schen ist er vollständig geheilt und vertieft seine Studien über Wasser­anwendungen. Er macht sich einen Namen als „Wasserdoktor".

1855-1889 wird er als Beichtvater und Hausgeistlicher nach Bad Wörishofen versetzt. Im Laufe der Zeit entwickelt er ein ganzheitliches Gesundheitskonzept für Körper und Geist und schreibt zwei Bücher: „Meine Wasserkur" und „So sollt ihr leben".

1893 wird er vom rö­misch-katholischen Papst Leo XIII. zum päpstlichen Geheimkämmerer ernannt und er erhält den Titel „Monsignore".

17. Juni 1897 Kneipp stirbt im Alter von 76 Jahren an einem Tumor. Bis heute wirken seine Erkenntnisse nach und gelten als Mei­lenstein der Medizin.

 

 

Quelle: my life 13/2021