Grünwalder Gesundheitsprodukte

Quelle: PTA-Forum, Nr. 44/2003, S. 24 - 25

Powerrhizom aus Fernost

von Monika Schulte-Löbbert

Ingwer wird als Gewürz- und Heilpflanze traditionell schon seit Jahrhunderten in vielen Ländern der Erde verwendet. Während Asiaten ihn vor allem als Gewürz schätzen, setzt ihn die westliche Medizin zunehmend als pflanzliches Mittel gegen Übelkeit und Magenbeschwerden ein.

Ingwer Pflanze Zinigiber Officinale

Die ältesten Berichte über Ingwer als Heilpflanze stammen aus China vom zweiten Gelben Kaiser Shen Nung, der etwa 2500 Jahre vor der europäischen Zeitrechnung lebte. Er teilte die Heilpflanzen in drei Klassen ein: Zur untersten Klasse gehören die "Diener-Kräuter". Damit bezeichnete er giftige Heilkräuter, die bei Krankheiten nur in kleinsten Mengen eingenommen werden durften. Die mittlere Klasse nannte er "Minister-Kräuter". Dazu gehören Heilpflanzen ohne giftige Inhaltsstoffe, die bei leichten Erkrankungen wie Fieber oder Erkältung helfen, jedoch nicht unbegrenzt angewendet werden sollten.
Die höchste Klasse bilden die "Königlichen Pflanzen". Diese umfasst die wertvollsten Heilpflanzen, die auch in größeren Mengen und über einen längeren Zeitraum eingenommen werden durften und keine Nebenwirkungen hatten. Sie sollten den gesunden Menschen vor Krankheit bewahren und seine Lebenskraft erhalten. Für den Gelben Kaiser war Ingwer eine der wichtigsten Pflanzen innerhalb der Königsklasse.

Von Asien nach Europa

Über die alten Handelswege gelangte Ingwer aus dem asiatischen Raum nach Griechenland und nach Rom. Griechen und Römer schätzten ihn schon bald als Gewürz. Bereits der berühmte griechische Arzt Dioskurides, 1. Jahrhundert n. Chr., empfiehlt ihn gegen Magenbeschwerden. Im Mittelalter wurde Ingwer in angelsächsischen Tierarzneibüchern erwähnt, und Hildegard von Bingen beschrieb ihn in ihrem Kräuterbuch. Auch Paracelsus wandte ihn als Arzneimittel an. Im 16. Jahrhundert führten die Spanier Ingwer nach Westindien und Mexiko ein, wo er sehr bald kultiviert wurde.

Fast alle Namen des Ingwers im europäischen Sprachraum - deutsch "Ingwer", englisch "ginger", französisch "gingembre" - gehen auf das lateinische "zingiber" zurück. Der lateinische Name wiederum ist entstanden aus dem indischen "shringavera", das "geweihförmig" bedeutet. Die Form der frischen Ingwerwurzel erinnert tatsächlich an ein Geweih.

Ingwerknolle

"Wurzeln" sind Rhizome

Die Bezeichnung Wurzel für den frischen Ingwer ist nicht korrekt, denn es handelt sich um unterirdisch kriechende, verdickte, knollige Triebe, die sich geweihartig verzweigen, das Rhizom. Die mehrjährige Pflanze mit botanischem Namen Zingiber officinale, gehört zur Familie der Zingiberaceen. Aus dem Rhizom wachsen im Frühjahr aufrechte, schilfartige Stängel mit schmalen Blättern, die jedes Jahr absterben. Der Blütenstiel endet in einer länglichen Ähre mit rot-gelben Blüten.

Die Ingwerpflanze ist im tropischen Südostasien beheimatet. Sie wird seit Jahrhunderten in Indien und China kultiviert, heute aber auch in vielen anderen tropischen Ländern angebaut. Unter den vielen Handelssorten gilt der Jamaika-Ingwer als der beste. Er stellt die traditionelle Arzneibuchware dar.

Die Ernte der Rhizome erfolgt neun bis zehn Monate nach dem Einpflanzen. Werden sie bereits nach fünf Monaten geerntet, so sind sie weniger aromatisch und auch milder. Dieser faserarme, junge Ingwer wird als Grüner Ingwer gehandelt. Er wird vor allem in Asien und Afrika als frisches Küchengewürz verwendet.

Nach der Ernte werden die Rhizome gewaschen und eventuell in kleinere Stücke gebrochen. Dann werden sie vorsichtig von der äußeren Korkschicht befreit und einige Tage in der Sonne getrocknet. Nach der Trocknung ist der Ingwer die klassische Droge für pharmazeutische Zwecke. In gemahlener Form ist er ein wichtiges Küchengewürz und Bestandteil von Gewürzmischungen, vor allem von Curry.

Aromatisches ätherisches Öl

Die Arzneidroge Zingiberis rhizoma (Ingwer-Rhizom) riecht aromatisch, schmeckt fruchtig scharf und leicht bitter. Sie enthält hauptsächlich ätherisches Öl und Scharfstoffe. Das Europäische Arzneibuch fordert einen Mindestgehalt von 15 ml ätherischem Öl pro Kilogramm Droge. Auch die Parfümindustrie schätzt den Duft des schwachgelben ätherischen Öls. Sie setzt es schweren orientalischen Parfüms und Badeölen zu. Aber ebenfalls bei der Herstellung von Bitterlikören und in der Süßwarenindustrie wird es gebraucht.

Die Scharfstoffe bestehen überwiegend aus Gingerolen und Shogaolen. Der Name Shogaol leitet sich von "shoga" ab, dem japanischen Wort für Ingwer. Während der Lagerung dehydratisieren die Gingerole zu den erheblich schärferen Shogaolen. Deshalb schmeckt eine länger gelagerte Droge durch ihren höheren Shogaol-Anteil deutlich schärfer als frische Ware. Unter ungünstigen Bedingungen kommt es zu einer Zersetzung der Gingerole zu Zingeron. Zingeron selbst ist nicht mehr scharf, verschlechtert aber den Geruch der Droge. Größere Mengen an Zingeron deuten also auf eine minderwertige Ware hin.

Gegen Seekrankheit

Die Fischer in der Karibik kennen schon seit Jahrhunderten die vorbeugende Wirkung des Ingwers gegen Seekrankheit. Erst in jüngster Zeit wurde der antiemetische Effekt in Tierversuchen und zahlreichen klinischen Studien wissenschaftlich untersucht. Ein Serotonin-Antagonismus soll diese Wirkung verursachen. Verantwortlich ist nach den bisherigen Erkenntnissen nicht ein einzelner Inhaltsstoff, sondern die Gesamtdroge. Auch die positive Wirkung bei Magen-Darm-Beschwerden konnte geklärt werden: Die Scharfstoffe im Ingwer erregen die Wärmerezeptoren in der Mundschleimhaut, und das wiederum steigert reflektorisch die Speichel- und Magensaftsekretion.

Auf Grund der guten wissenschaftlichen Dokumentationen hat die Kommission E Zingiberis rhizoma positiv bewertet und als Monographie aufgenommen. Die Droge wird zur Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden und zur Verhütung der Symptome der Reisekrankheit empfohlen. Soweit nicht anders verordnet, reicht eine Tagesdosis von zwei bis vier Gramm Droge oder eine entsprechende Zubereitung aus. Diese Anforderung erfüllt zum Beispiel das apothekenpflichtige Arzneimittel Zintona® mit 250 mg Ingwer pro Kapsel. Erwachsene und Kinder über sechs Jahren nehmen gegen Reiseübelkeit zwei Kapseln eine halbe Stunde vor Reisebeginn und dann alle vier Stunden zwei Kapseln.

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind nicht bekannt. So ist Zintona eine wirksame Alternative zu chemischen Antiemetika. Bei der Beratung in der Apotheke ist darauf zu achten, dass das Präparat bei Kindern unter sechs Jahren und bei Schwangeren kontraindiziert ist. Da Ingwer auch leicht cholagog wirkt, empfiehlt sich die Abgabe an Patienten mit Gallenleiden nur nach Rücksprache mit dem Arzt.

Amerikanische Ingwerkekse
Zutaten für den Teig:
  • 250 g Mehl
  • 1/2 Teelöffel Backpulver
  • 1 Ei
  • 1 Prise Salz
  • 3 Esslöffel Milch
  • 1 Esslöffel gemahlener Ingwer
  • abgeriebene Schale einer halben Zitrone
  • 140 g Zucker
  • 125 g Butter oder Margarine
  • Mehl zum Ausrollen

Zutaten für den Guss:

  • 125 g Puderzucker
  • 1 Esslöffel Zitronensaft
  • 1 Esslöffel Ingwersirup

Zubereitung:
Die Zutaten für den Teig schnell zu einem glatten Knetteig verarbeiten und 30 Minuten zugedeckt im Kühlschrank ruhen lassen, dann den Teig auf einer bemehlten Fläche knapp 3 bis 4 mm dick ausrollen und in 5 cm große Quadrate schneiden, auf einem gut gefetteten oder mit Backpapier ausgelegten Backblech in den vorgeheizten Ofen auf die mittlere Schiene schieben und bei 200 Grad im Elektroherd 15 Minuten backen.

Für den Guss Puderzucker mit Zitronensaft und Ingwersirup glatt verrühren und über die abgekühlten Kekse gießen.

Tinktur für den Magen

Bei dyspeptischen Beschwerden hilft Ingwertinktur (1:5) in einer Dosierung von dreimal täglich 20 Tropfen vor den Mahlzeiten. Gastrysat® Bürger und Gastrosecur® Tropfen sind Beispiele für ingwerhaltige Magentropfen. Teezubereitungen sind heute nicht mehr gebräuchlich. Die Volksheilkunde empfiehlt Ingwer gegen Blähungen, bei Husten und Halsentzündung sowie bei Migräne. In kleineren Studien konnte ein positiver Einfluss auf die Blutgerinnung beobachtet werden, da Ingwerextrakt die Thrombozytenaggregation hemmt. Auch wurde eine entzündungshemmende sowie Schmerz stillende Wirkung bei rheumatischen Erkrankungen belegt. In Tierversuchen senkte Ingwerextrakt sogar erhöhte Cholesterolwerte. Diese Studien deuten an, dass im Ingwer noch ein hohes Potential steckt, das es zu entdecken gilt.

Kulinarisches Multitalent

Im Vergleich zur medizinischen ist die kulinarische Verwendung des Ingwers noch vielseitiger. In der asiatischen Küche ist er allerdings viel beliebter als in der europäischen. Deutsche schätzen die süße Variante des Ingwers mehr, zum Beispiel als kandierten Ingwer oder Ingwer-Konfekt. In angelsächsischen Ländern ist Ginger Beer und Ginger Ale beliebt. Ingwerbier wird gebraut; Ginger Ale ist ein perlendes, alkoholfreies Getränk aus Ingwer-Konzentrat, das ferner Zitronen- und andere Fruchtsäfte sowie Schaumbildner enthält. In Deutschland hätte der schmackhafte und gesunde Ingwer mehr Beachtung verdient. Unten stehendes Plätzchenrezept ist eine würzige Bereicherung für den Adventsteller. Alle, die auf den Ingwer-Geschmack gekommen sind, finden unter www.ingwerfreunde.de und www.ingwer-paradies.de noch weitere leckere Rezepte, Tipps und Informationen.

Aus einem frischen Ingwerrhizom lässt sich leicht eine attraktive Topfpflanze züchten. Das Rhizom wird in einem Blumentopf so mit feuchter Erde bedeckt, dass es noch etwas herausschaut. Der Topf wird an einen warmen Fensterplatz gestellt, die Erde regelmäßig angefeuchtet. In kurzer Zeit bilden sich Triebe und nach wenigen Wochen schilfartige Blätter. Mit den Blättern lässt sich jedes asiatische Gericht stilvoll dekorieren. Außerdem sind sie essbar, kleingeschnitten geben sie Suppen und Salaten eine feine Würze.

Anschrift der Verfasserin:
Monika Schulte-Löbbert
Mozartstraße 1
41564 Kaarst

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