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SELEN

Von diesem essenziellen Spurenelement benötigt unser Körper zwar nur sehr geringe Mengen täglich, diese sind aber für bestimmte Stoffwechselvorgänge absolut notwendig.

Welche Bedeutung Selen für den Or­ganismus hat, kristallisierte sich erst in den letzten Jahrzehnten heraus. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts galt das seltene Halbmetall als Giftstoff. In den 1950er-Jahren entdeckten dann US-ame­rikanische Wissenschaftler, dass Selen ein unverzichtbarer Bestandteil vieler körper­eigener Enzyme ist. Inzwischen weiß man, dass viele Stoffwechselvorgänge in den unterschiedlichsten Organen nur mit Hilfe von Selen richtig ablaufen könnten. Und bei immer mehr Erkrankungen findet sich ein Zusammenhang mit einem erniedrig­ten Selenspiegel.

Wofür braucht der Körper Selen?

Im menschlichen Körper gibt es mindes­tens 30 verschiedene Eiweißstoffe, die ihre Funktion ohne Selen nicht erfüllen können. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist der Ab­bau von freien Radikalen. Das sind sauer­stoffhaltige Moleküle, die ein oder mehrere ungepaarte Elektronen besitzen und da­durch chemisch sehr reaktionsfreudig sind. Sie entstehen als Nebenprodukt bei jeder sauerstoffabhängigen Stoffwechselreak­tion. Chemikalien, Zigarettenrauch oder Strahlung fördern ihre Erzeugung. Freie Radikale greifen die unterschiedlichsten Verbindungen in der Zelle an und können sie zerstören. Besonders anfällig dafür sind ungesättigte Fettsäuren und die Erb­substanz. In einer Art Kettenreaktion ent­stehen dabei immer neue freie Radikale. Von oxidativem Stress spricht man, wenn die Schutzmechanismen des Körpers nicht mehr ausreichen, um die freien Radikalen in Schach zu halten. Dem Spurenelement Selen kommt dabei eine zentrale Bedeu­tung zu, da es in zahlreichen antioxidati­ven Enzymen enthalten ist. Fehlt es dem Körper an Radikalfängern wie Selen, sind Zellschädigungen vorprogrammiert. Oxi­dativer Stress gilt als mitverantwortlich für Alterungsvorgänge und spielt bei der Entstehung zahlreicher Erkrankungen eine Rolle. Viele selenhaltige Proteine finden sich darüber hinaus in der Schilddrüse. Hier sind sie am Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone beteiligt. Auch Blut, Muskeln, Nervensystem, Hoden, Leber und andere Organe benötigen Selen, um richtig arbei­ten zu können.

Selen in der Nahrung

Der Körper kann Selen nicht selbst bilden. Deshalb müssen wir es in ausreichender Menge mit der Nahrung aufnehmen. Selen kommt in Fleisch, Fisch und Meeresfrüch­ten, Eiern, Getreide und Milchprodukten vor. Auch Paranüsse und Steinpilze gelten als gute Selenquellen. Der Selengehalt unserer Nahrungsmittel hängt jedoch stark von der Selenkonzentration im Boden ab. Das Problem ist: In Mitteleuropa ist der Se­lengehalt des Bodens — anders als etwa auf dem amerikanischen Kontinent — generell sehr niedrig. Vor allem in Deutschland fin­det man in den meisten Regionen selenar­me Böden. Da Pflanzen Selen nur aus dem Boden aufnehmen können, enthält zum Beispiel Getreide hierzulande nur etwa ein Zehntel so viel Selen wie in den USA. In der Viehzucht wird das durch Selenzu­sätze in Futtermitteln ausgeglichen. Wäre das nicht der Fall, wären viele Nutztiere von Selenmangelerkrankungen mit zum Teil tödlichem Ausgang betroffen. Für den Menschen ist es dagegen schwierig, den Selenbedarf durch die Nahrung ausrei­chend zu decken.

Risikogruppen

Ein erhöhtes Risiko für eine Unterver­sorgung mit Selen besteht, wenn man Vegetarier/in oder Veganer/in ist, nur gelegentlich Fleisch oder Fisch und nur wenig Milchprodukte isst, sich häufig ein­seitig ernährt oder auch, wenn man an einer Gluten-Unverträglichkeit oder an Zöliakie leidet. Darüber hinaus ist das Ri­siko erhöht, wenn (zu) viel Alkohol getrun­ken wird, man unter Diabetes leidet, wenn noch ein Kind gestillt wird, eine Schilddrü­senunterfunktion festgestellt wurde, man an einer chronischen Darmentzündung leidet — etwa Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa — oder wenn man an einer Ess­störung wie Bulimie (Ess-Brech-Sucht) oder Anorexie (Magersucht) leidet. Wenn einer oder mehrere dieser Faktoren auf Sie zu­treffen, besteht ein erhöhtes Risiko, dass Sie zu wenig Selen zu sich nehmen. Ein Arztbesuch kann Klarheit schaffen: Mithilfe einer Blutuntersuchung lässt sich feststel­len, ob der Selenstatus im gesunden Be­reich liegt.

Abhilfe schaffen

Was aber kann man selbst tun? Eine ge­sunde, abwechslungsreiche Ernährung ist wichtig. Den größten Teil unserer Selen­versorgung decken wir durch Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und Getreide. Ist eine ausreichende Selenzufuhr durch die Nah­rung nicht gewährleistet, kann es sinnvoll sein, die Versorgung durch ein Selenprä­parat zu verbessern. Bei einem nachge­wiesenen Mangel kann der Arzt auch ein entsprechendes Arzneimittel verschreiben, dessen Kosten dann die Krankenkasse übernimmt.

 

Quelle: OTC & Visite / Juni 2021