Grünwalder Gesundheitsprodukte

Zulassung von Arzneimitteln

 

Blick ins Gesetz

Nach der Definition des § 4 AMG sind Fertigarzneimittel Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Eine in der Apotheke für einen Patienten hergestellte Rezeptur ist kein Fertigarneimittel - und unterliegt damit nicht der Zulassungspflicht. Eine Arzneimittelzulassung wird auf der Basis des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erteilt. In Deutschland gibt es drei für die Arzneimittelzulassung zuständige Bundesbehörden:

1. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn - zuständig für "klassische" Arzneimittel zur Anwendung beim Menschen

2. Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Langen - zuständig für Sera, Impfstoffe, Blutzubereitungen......)

3. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV), Berlin - zuständig für Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren

Darüber hinaus sind in Deutschland zunehmend Fertigarzneimittel im Verkehr, die über eine europäische Zulassung verfügen. Ob ein Arzneimittel über eine nationale oder europäische Zulassung verfügt, lässt sich am Code der Zulassungsnummer erkennen.

Spezialitätenregister

Bis 1978 waren alle Fertigarzneimittel, die in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebracht werden sollten, in ein beim Bundesgesundheitsamt (BGA) geführtes "Spezialitätenregister" einzutragen. Ein Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit war nicht erforderlich. Dies änderte sich durch ein neues Arzneimittelgesetz (AMG), welches zum 1.Januar 1978 in Kraft trat und für neue Arzneimittel die einfache Registrierung durch ein aufwändiges Zulassungsverfahren ersetzte. Für die 140.000 Arzneimittel, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Verkehr befanden, sollten innerhalb von zwölf Jahren die für die Zulassung erforderlichen Nachweise geliefert werden. Dieser Plan ging nicht auf. Nach Ablauf der Übergangsfrist im Jaht 1990 gab es noch über 125.000 nur "fiktiv zugelassene" Arzneimittel auf dem deutschen Markt, wobei zu dieser Zahl durch den Fall der Mauer die bis 1989 in der ehemaligen DDR verkehrsfähigen Arzneimittel kamen. Noch 2005 fanden sich im Apothekensortiment "Altarzneimittel", die kein reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen hatten.

Harmonisierte EU

1993 wurde ein zentrales Zulassungsverfahren für neue Fertigarzneimittel eingeführt, die in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) in den Verkehr gebracht werden sollen. Zwingend ist die EU-Zulassung für Arzneimittel, die mit bestimmten biotechnologischen Verfahren hergestellt werden. Sie kann freiwillig in Anspruch genommen werden für

Die Koordinierung beim zentralen europäischen Zulassungsverfahren übernimmt die als "EMA" (European Medicines Agency, London) bezeichnete Agentur. Sind alle Vorraussetzungen erfüllt, was durch Experten aus den nationalen Zulassungsbehörden überprüft wird, erteilt die Europäische Kommission in Brüssel die Zulassung. Neben dem zentralen Zulassungsverfahren, das ein Inverkehrbringen in allen Mitgliedstaaten der EU erlaubt, gibt es auch ein dezentrales Verfahren. Hierbei werden durch die zuständigen Behörden bestimmter Mitgliedstaaten die erteilten nationalen Zulassungen gegenseitig anerkannt. Bei Problemen entscheidet ein Schiedsverfahren.

Standardzulassung erleichtert Verfahren

Eine auch für die Apothekenpraxis wertvolle - von der EU allerdings misstrauisch beäugte - Hilfe sind Standardzulassungen. Für welche Fertigarzneimittel diese vereinfachte Form der Zulassung genutzt werden darf, ergibt sich aus einer Rechtsverordnung nch § 36 AMG. Zu jeder Standardzulassung gibt es eine Monographie, die exakte Angaben zur Qualität des Arzneimittels, zur Beschaffenheit der Primärverpackung sowie zur Kennzeichnung macht. Diese "Spielregeln" sind einzuhalten; die einschlägigen Monographien müssen beim Nutzer in aktueller Version vorhanden sein.

Im Voraus hergestellt

Alle Arzneimittel, die in der Apotheke im Voraus abgefüllt oder abgepackt werden (z.Bsp. Franzbranntwein, Zinksalbe), sind Fertigarzneimittel und bedürfen einer Zulassung. Apotheken, die eine Standardzulassung nutzen, müssen die Anzeigepflichten gemäß § 67 AMG beim BfArM und bei der zuständigen Landesbehörde beachten. Für homöopathische Fertigarzneimittel enhält das Arzneimittelgesetz Sonderregeln.

Sonderfall für Homöopathika

Homöopathika können zugelassen werden, unter Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Dann tragen sie eine Zulassungsnummer und klare arzneiliche Indikationen.

Registrierung ohne Wirksamkeitsnachweis

Oder es wird eine Registrierung nach § 38 AMG genutzt. Dann sind Qualität und Unbedenkichkeit nachzuweisen, nicht aber die Wirksamkeit. Die Packungen tragen eine Registrierungsnummer sowie den Hinweis "Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation"

Registrierte Tradition

Für bestimmte pflanzliche Fertigarzneimittel gibt es im Arzneimittelgesetz (§ 39 AMG) die Möglichkeit, auf ein aufwädiges Zulassungsverfahren zu verzichten und die einfache Registrierung zu wählen. Vorraussetzung ist der Nachweis einer mindestens 30-jährigen traditionellen Verwendung, plausibler Wirksamkeit und fehlender Schädlichkeit.

Langjährige Anwendung

Derartige Arzneimittel tragen eine Registrierungsnummer sowie folgende Kennzeichungshinweise: "Das Arzneimittel ist ein traditionelles Arzneimittel, das ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist. Der Anwender sollte bei fortdauernden Krankheitssymptomen oder beim Auftreten anderer als in der Packungsbeilage erwähnten Nebenwirkungen einen Arzt oder eine andere in einem Heilberuf tätige qualifizierte Person konsultieren."

Nutzenhürde

Ein nach aktuellen wissenschaftlichen Standards erbrachter Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist nicht ausreichend, um ein neues Arzneimittel bei gesetzlich versicherten Patienten einsetzen zu können. Vor rund zehn Jahren führte der Gesetzgeber eine Kosten/Nutzen-Bewertung neuer Arzneimittel ein, mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität  der Patientenversorgung. Diese Bewertung auf der Basis des aktuellen meditinischen Wissensstandes wird durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgenommen, im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), der sich zusammensetzt aus Vertretern der Kostenträger (= Gesetzliche Krankenkassen), Leistungserbringer (=Ärzte), Patientenbeauftragten und Selbsthilfeorganisationen. Die Entscheidungen werden durch den GBA im Bundesanzeiger bekannt gemacht. In den meisten Fällen wurde ein nur geringer oder fehlender Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie festgestellt. Kritiker dieser Zusatzhürde nach erfolgreicher Zulassung bemängeln die starke Orientierung auf die Kosten.

von Dr. Michael Schmid, Rottenburg
PTA heute / Nr.19 / Oktober 2013